Interview Dana Seidlová-Wuttke

Interview mit Dana Seidlová-Wuttke anlässlich des 10-jährigen Bestehens der Hormon- und Gewichtssprechstunde.

 

  • Frage: Hallo Frau Seidlová-Wuttke, inzwischen betreuen Sie schon seit zehn Jahren Patientinnen und Patienten aus der Region in Ihrer Hormon- & Gewichtssprechstunde. Was war Ihr Ziel, als Sie die Sprechstunde ins Leben gerufen haben?

    Dana Seidlová-Wuttke: In den letzten Jahrzehnten gab es immer weniger niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, die sich auf dem komplizierten Gebiet der Hormone auskennen. Als mein Mann als Leiter der Abteilung für Hormone an der Uniklinik Göttingen vor zehn Jahren in den Ruhestand trat, kündigte ich als Oberärztin der Frauenklinik und wir beschlossen, die Privatpraxis „Hormon- und Gewichtssprechstunde“ zu gründen.

    Unser Ziel war es, eine Praxis mit fachübergreifender Kompetenz für die zahlreichen hormonellen Erkrankungen zu etablieren. Dabei wollte ich eine allgemeine frauenärztliche Tätigkeit in Kombination mit endokrinologischer Kompetenz vertreten, während mein Mann sich anderen hormonellen Problemen widmete.

    Inzwischen ist mein Mann in den Ruhestand gegangen und ich betreibe die Praxis seit fünf Jahren mit dieser Vision alleine. Da Übergewicht bei Frauen und Männern ein immer größeres gesundheitliches Problem darstellt und häufig mit Problemen des Hormonhaushalts einhergeht, beschlossen wir, bei Gründung der Praxis auch diese Zusammenhänge mit Patientinnen und Patienten ausführlich zu diskutieren. Daraus entstand dann auch der Name unserer Praxis.

 

  • Frage: Stichwort „Hormon und Gewicht“ – welchen Einfluss haben Hormone eigentlich auf unser Gewicht und welche Ansatzpunkte verfolgen Sie dazu in Ihrer Sprechstunde?

    Dana Seidlová-Wuttke: Es bestehen eindeutige Zusammenhänge zwischen einem unnormalen Körpergewicht und hormoneller Dysregulation; beides kann zu zahlreichen Erkrankungen führen. Sehr offenkundig ist das bei untergewichtigen Menschen. Ich sehe aber häufig Patientinnen und Patienten, die mit der vorgefassten Meinung kommen, dass ihr Übergewicht hormonelle Ursachen hat. Das ist selten der Fall. In der Regel ist es eher umgekehrt, denn durch Übergewicht entstehen oft hormonelle Erkrankungen. Nach ausführlichen Gesprächen, zum Beispiel über die Umstellung der Essgewohnheiten ohne zu hungern, kann ich dann oft die ersten Erfolge vermelden.

    Bei schon bestehenden durch Übergewicht bedingten hormonellen Erkrankungen gibt es zahlreiche medikamentöse Möglichkeiten, deren Fortschreiten zu verhindern oder sie komplett zu beheben. Dazu werden fast täglich neue klinische Studien vorgelegt, die ich aufmerksam verfolge.  

 

  • Frage: Mit welchen Beschwerden kann man darüber hinaus zu Ihnen kommen?

    Dana Seidlová-Wuttke: Meine Patientinnen sind Frauen jedes Alters von neun bis 90 Jahren. Hauptsächlich kommen sie zu einer Hormonberatung, wegen einer unregelmäßigen, schmerzhaften oder fehlenden Periode, mit einem Wunsch nach einer effizienten Kontrazeption, für eine Beratung im Klimakterium, für eine Beratung zur Therapie von Osteoporose bei Frauen über 50 Jahren oder zur endokrinen Therapie bei Brustkrebs.

    Es kommen auch Patientinnen, die ganz spezielle Beschwerden im intimen Bereich nach der Menopause entwickelt haben. Ein sehr besonderes Thema, welches mehr und mehr relevant ist, da wir immer älter werden, mehr auf das Körpergefühl achten und unsere Sexualität bis ins späte Alter erleben. Für diese Behandlung sind ein Gespräch und eine Hormontherapie zu wenig, deswegen habe ich eine Erbium-Laserbehandlung etabliert und erfolgreich in den letzten drei Jahren eingesetzt.

    Ein weiterer Schwerpunkt in meiner Praxis ist die Beratung zur Impfung in der gesamten Gynäkologie. Dabei steht die Vermeidung von Muttermundkrebsen durch Impfungen gegen das Humane Papilloma Virus (HPV) im Vordergrund. Die Diagnostik und Therapie bestehender Pathologien des Muttermundes sind ebenfalls ein sehr wichtiges Thema.

 

  • Frage: Viele Leute fühlen sich beim klassischen Hausarzt oft nicht umfassend genug betreut, gerade auch wenn es um die weiterführende Diagnostik und Interpretation von Blutwerten oder spezifischen Detailfragen geht. Was machen Sie in diesem Bereich anders?

    Dana Seidlová-Wuttke: Ich nehme mir viel Zeit. Ich spreche mit den Patientinnen über ihre Probleme, lasse sie ausreden und frage dann gezielt nach anamnestischen Daten. Außerdem führe ich eine Familienanamnese durch und verschaffe mir innerhalb von einer Stunde – denn so lange dauert ein Erstgespräch – ein Bild, welche weiteren diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen notwendig sind.

    Heute werden Hormone nicht mehr vom behandelnden Arzt, sondern in spezialisierten Laboratorien bestimmt. Die Hormonwerte werden dann häufig von extra dafür angestelltem Laborpersonal interpretiert, das aber die Patientinnen und Patienten nicht untersucht hat. Oft ist durch das ausführliche Gespräch über die Lebensweise und die Ernährung sowie eine körperliche Untersuchung, bei der zum Beispiel Blutdruck, Fettverteilung, Damenbärtchen, Haarausfall und anderes betrachtet werden, eine gezielte Labordiagnostik möglich. Diese auf Erfahrung und Labordiagnostik beruhende ganzheitliche Betrachtungsweise erlaubt schließlich eine erfolgreiche individuelle Therapie und eine deutlich verbesserte Lebensqualität.

 

  • Frage: Das klingt nach einem großen Potenzial in diesem Bereich. Kümmern wir uns generell zu wenig um uns und unseren Körper?

    Dana Seidlová-Wuttke: Das ist eine interessante Frage! Mein Mann hat vor paar Jahren einen Artikel geschrieben, in dem es darum ging, dass Männer oft mehr über ihr Auto wissen als über ihren Körper. Da ist etwas Wahres dran, Männer gehen grundsätzlich verhältnismäßig ungern zum Arzt.

    Bei Frauen ist es meistens etwas anders. Zum einen haben Frauen mehr präventive Untersuchungen als Männer, etwa die jährliche gynäkologische Untersuchung ab 18, dann entbinden Frauen oft ein oder mehrere Kinder und sind damit auch regelmäßig in ärztlicher Betreuung und ab 49 Jahren gehen die meisten Frauen alle zwei Jahre zur Brustkrebsvorsorge.

    Aber es gibt selbstverständlich auch Frauen, die viele dieser prophylaktischen Untersuchungen nicht wahrnehmen. Diese haben dann entweder Glück oder am Ende Pech.

    Vielleicht eine interessante Information: die Corona-Pandemie hat dazu geführt, dass fast 50 Prozent der Frauen in Deutschland ihre präventiven Untersuchungen in der Gynäkologie nicht mehr wahrnehmen! Ich hoffe, dass sich das wieder ändern wird.

 

  • Frage: Was schätzen Ihre Patientinnen und Patienten besonders an Ihnen?

    Dana Seidlová-Wuttke: Das ist natürlich schwer aus der eigenen Perspektive zu beantworten, da das am besten die Patientinnen beurteilen können, aber grundsätzlich erhalte ich oft die Rückmeldung, dass sich die Patientinnen mit ihren Herausforderungen wahrgenommen fühlen. Sie kommen wieder, weil ich auf ihre Fragen antworte, ihre Beschwerden ganzheitlich untersuche und eine passende Therapie für sie finde. Sie fühlen sich einfach wohl.

    Natürlich darf man darüber hinaus auch nicht vergessen dass nicht nur meine Persönlichkeit die Praxis ausmacht, sondern auch das Praxismanagement, das Personal an der Leitstelle, die Kollegen des diagnostischen Brustzentrums und des Medizinischen Expertenzentrums MEC, die alle sehr kompetent sind.

    Ich gehe jeden Morgen gerne in meine Praxis

 

  • Frau Seidlová-Wuttke, vielen Dank für die Einblicke und viel Erfolg für die nächsten Jahre mit der Sprechstunde.